Nach Fiedler (1994) liegen epidemiologische Studien zu den unterschiedlichen Persönlichkeitsstörungen bislang nur in geringer Zahl vor.
Dittmann u. Stieglitz (1996) weisen darauf hin, daß die Zahlen erheblich differieren, glauben aber sagen zu können, daß die Persönlichkeitsstörungen „zu den häufigsten psychischen Störungen gehören“.
Bronisch (2000)stellt fest: „Über das Vorkommen von Persönlichkeitsstörungen in der Allgemeinbevölkerung gibt es 3 epidemiologische Studien aus den USA (Reich et al. 1989; Zimmerman u. Coryell 1989; Cohen et al. 1994 und Samuels et al. 1994) und eine Studie aus Deutschland (Maier et al. 1992), die sich nach den modernen Klassifikationsschemata DSM-III, DSM-III-R und ICD-10 richten.“
Unbehandelte Prävalenz
Die bei Bronisch (2000) wiedergebenen, aus o.g. Studien von Reich, Maier und Zimmerman rekrutierten Prävalenzzahlen für einzelne Persönlichkeitsstörungen sind aufgrund geringer Fallzahlen, unterschiedlicher Populationen und unterschiedlicher Erhebungsinstrumente nur Annäherungen:
- Paranoide Persönlichkeitsstörung 0,4 – 1,8%
- Schizoide Persönlichkeitsstörung 0,4 – 0,9%
- Antisoziale Persönlichkeitsstörung 0,2 – 3,0%
- Borderline-Persönlichkeitsstörung 1,1 – 4,6%
- Histrionische Persönlichkeitsstörung 1,3 – 3,0%
- Narzisstische Persönlichkeitsstörung 0,0 – 0,4%
- Selbstunsichere Persönlichkeit und ängstlich-vermeidende Persönlichkeitsstörung 0,0 – 1,3%
- Dependente (abhängige) Persönlichkeitsstörung 1,5 – 6,7%
- Anankastische Persönlichkeitsstörung 1,7 – 6,4%
- Passiv-aggressive Persönlichkeitsstörung 0,0 – 3,0%
In den Studien von Reich et al. (1989) und Zimmerman & Coryell (1990) sind die Störungsbilder mit den höchsten Prävalenzraten
- die schizotypische Persönlichkeitsstörung ,
- die dependente (abhängige) Persönlichkeitsstörung und
- die zwanghafte Persönlichkeitsstörung.
Behandelte Prävalenz
Allgemeinpsychiatrisches Patientengut
- 50% (Dittmann u. Stieglitz 1996)
Forensisches Patientengut
- 70-90% (Dittmann u. Stieglitz 1996)
Studien zur behandelten Prävalenz
- Nach Casey (1989) erhalten
- 5-8% in einem psychiatrischen Primary care setting die Erstdiagnose Persönlichkeitsstörung
- in Polikliniken 30-40%
- im stationären Bereich 40-50% der Patienten die Diagnose Persönlichkeitsstörung
- In der von Loranger et al. (1994) durchgeführten Studie zum Vorkommen der Persönlichkeitsstörungen bei ambulant und stationäre behandelten psychiatrischen Patienten zeigen folgende Störungsbilder die höchsten Prävalenzraten (in absteigender Reihenfolge):
- die Borderline- (14,5-14,9%),
- die selbstunsicher-vermeidenden (11-15,2%),
- die histrionische (4,3-7,1%) und
- die dependente Persönlichkeitsstörung (4,5-4,6%).
- In der Studie von Frydrich et al. (1996) sind dies vor allem
- die selbstunsicheren und
- die dependenten Persönlichkeitsstörungen. (Fiedler, 1994, S. 381/382)
Achtung:Epidemiologische Daten in der Forschungsliteratur weisen oft erhebliche Schwankungen und Unterschiede auf. Dies liegt oft an unterschiedlichen Ein- und Ausschlusskriterien hinsichtlich Definition der Störung, Einbezug von Einzelphasen oder Gesamtverlauf, sämtlicher Manifestationen oder nur bestimmter Schweregrade etc.. Das gilt auch für die Studien zur Häufigkeit und Verteilung von Persönlichkeitsstörungen. Deshalb sind die oben genannten und aus der Fachliteratur zusammengestellten Zahlen nur als grobe Anhaltspunkte zu werten und sind bei Bedarf persönlich durch eigene Beschäftigung mit der Literatur zu überprüfen! |
Häufig verwendete Begriffe (Glossar)
Prävalenz:
Anzahl der Erkrankungsfälle einer bestimmten Erkrankung bzw. Häufigkeit eines bestimmten Merkmals zu einem bestimmten Zeitpunkt (Punktprävalenz) oder innerhalb einer bestimmten Zeitperiode (z.B. Lebenszeit prävalenz).
Prävalenzrate:
Anzahl der Erkrankten bzw. Häufigkeit des Merkmals im Verhältnis zur Anzahl der untersuchten Personen.
Inzidenz:
Anzahl der Neuerkrankungsfälle einer bestimmten Erkrankung innerhalb eines bestimmten Zeitraums.
Inzidenzrate:
Anzahl der Erkrankungsfälle einer bestimmten Erkrankung oder die Häufigkeit eines bestimmten Merkmals zu einem bestimmten Zeitpunkt (Punktprävalenz) oder innerhalb einer bestimmten Zeitperiode (z.B. Lebenszeitprävalenz).
Komorbidität:
das gleichzeitge Erkranktsein an mehreren Erkrankungen (z.B. Depressionen und Zuckerkrankheit).
Hinterlasse einen Kommentar
An der Diskussion beteiligen?Hinterlasse uns deinen Kommentar!