Das entscheidende diagnostische Kriterium ist der Nachweis von Zwangsvorstellungen und/oder Zwangshandlungen mit negativer Auswirkung auf das psychosoziale Funktionieren.

Wichtiges differentialdiagnostisches Kennzeichen, welches die Abgrenzung zum Beispiel zum Wahn oder zu anderen „Störungen der Impulskontrolle“ (z.B. Kleptomanie, Spielsucht etc..), aber auch zur anankastischen Persönlichkeitsstörung ermöglicht, ist das Gefühl der „Ich-Dystonie“, der „Ich -Fremdheit“ der Symptomatik!

Eine wichtige differentialdiagnostische Trias der Zwangserkrankung ist:

  • Intrusivität der Zwangsvorstellungen und Handlungsimpulse
  • innerer Widerstand gegen diese Vorstellungen und Impulse
  • erhaltene Einsicht in die Sinnlosigkeit der Symptome oder Unangemessenheit der Zwangsvorstellungen und -impulse

Wenn diese Trias vorhanden ist, bereitet die Abgrenzung zwischen einer Zwangserkrankung und einem Wahn (Patient ist von den Wahninhalten überzeugt und erlebt sie nicht persönlichkeitsfremd) oder einer Impulskontrollstörung (keine Ich-Dystonie der Symptomatik) wenig Probleme. Es gibt aber eine Reihe von Zwangskranken, deren Symptomatik fliessende Übergänge zeigt zu psychotischem Erleben. In diesem Zusammenhang ist interessant und zu beachten, dass früher häufig ein Zusammenhang zwischen Zwang und Schizophrenie postuliert wurde. Und tatsächlich sind auch nach moderneren Untersuchungen Übergänge von Zwangserkrankungen in Schizophrenien oder das zusätzliche Auftreten von Zwangssymptomen bei Schizophrenen nicht selten. Ist dies der Fall, so wird die Prognose einer Schizophrenie durch das gleichzeitige Vorhandensein von Zwängen verschlechtert.
Nicht jedes psychosenahe oder psychotische Erleben von Zwangssymptomen ist aber bereits eine Schizophrenie. Umgekehrt können Zwangssymptome bei Schizophrenen in vielen Fällen plausibel als Gegenreaktionen gegen die drohende Fragmentierung des Selbst, also als „Abwehrmechanismus“ aufgefasst werden.Ein sehr grosser Anteil von Zwangskranken leidet zusätzlich im weiteren Verlauf an Depressionen. Diese sind vermutlich häufig reaktiv zu verstehen. Andererseits ist bekannt, dass auch primäre Depressionen einen zwanghaften Verlauf nehmen können.
Häufig kommen Zwänge auch zusammen mit neurologischen Störungen vor. Genannt werden müssen u.a. Tic-Störungen und das Gilles-de-la-Tourette-Syndrom. Die Zwangserkrankungen bei neurologischen Erkrankungen verlaufen häufig deutlich stereotyper und monotoner als bei der Zwangserkrankung.

Zur genaueren Diagnose-Stellung können Fremdratingskalen verwendet werden, z.B. die Yale-Brown Obsessive-Compulsive Rating Scale (Y-BOCS) von Goodman et al. (1989). Ansonsten gelten die Kriterien von ICD-10 und DSM-IV.

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